Fristlose Kündigung – Schwangerschaft – fehlende Zustimmung
Landesarbeitsgericht Köln, Urteil vom 12.03.2012, 2 Sa 999/11
Leitsätze des Gerichts:
Die behördliche Zustimmung zur Kündigung muss vor Ausspruch der Kündigung vorliegen. Selbst wenn in einem verwaltungsgerichtlichen Verfahren die Zustimmung zur Kündigung erteilt würde, rechtfertigt diese nur eine danach auszusprechende Kündigung. Eine Aussetzung eines Verfahrens über eine vorzeitig ausgesprochene Kündigung kommt deshalb nicht in Betracht.
Tenor:
Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 26.07.2011
– 11 Ca 1053/11 – wird auf dessen Kosten zurückgewiesen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
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T a t b e s t a n d
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Die Parteien streiten über die Rechtswirksamkeit einer fristlosen, hilfsweise fristgerechten Kündigung des Beklagten sowie um Annahmeverzugslohn.
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Die am . .1980 geborene Klägerin ist seit dem 01.09.2007 beim Beklagten als Callcenter-Agentin zu einer monatlichen Bruttovergütung von 2.200,00 € beschäftigt. Am 24.01.2011 unterrichtete die Klägerin den Beklagten über eine bei ihr bestehende Schwangerschaft und über den voraussichtlichen Entbindungstermin am 17.08.2011. Ab dem 07.02.2011 war die Klägerin arbeitsunfähig erkrankt.
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Am gleichen Tag kündigte der Beklagte mit Schreiben seines Prozessbevollmächtigten, welches der Klägerin am 08.02.2011 zuging, das Arbeitsverhältnis außerordentlich, hilfsweise fristgerecht unter Bezugnahme auf verhaltensbedingte Gründe.
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Ebenfalls am 07.02.2011 beantragte der Beklagte die Zustimmung der Bezirksregierung K zur Kündigung. Diese wurde mit Bescheid vom 27.04.2011 abgelehnt. Die hiergegen vor dem Verwaltungsgericht erhobene Klage ist noch nicht entschieden. Das Verwaltungsgericht hat nach Angabe des Beklagten-Prozessbevollmächtigten in der mündlichen Verhandlung den Beklagten darauf hingewiesen, dass der Antrag auf Zustimmung zwischenzeitlich erledigt sei, da die Fristen des § 9 Abs. 3 MuSchG abgelaufen sind.
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Ab 14.03.2011 wurde der Klägerin ein Beschäftigungsverbot nach § 3 Abs. 1 MuSchG ausgesprochen. Ab Mai 2011 bezog die Klägerin Arbeitslosengeld im Wege der Gleichwohlgewährung. Das Arbeitsgericht stellte fest, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis durch die Kündigungen des Beklagten vom 07.02.2011 weder fristlos noch fristgerecht aufgelöst worden ist. Ferner sprach es der Klägerin restliche Vergütung für den Monat Januar in Höhe von 700,00 € brutto nebst Zinsen, restliche Vergütung für den Monat Februar in Höhe von 1.950,00 € brutto nebst Zinsen, Vergütung für März in Höhe von 2.200,00 € brutto nebst Zinsen, Vergütung für April in Höhe von 2.200,00 € brutto nebst Zinsen und Vergütung für Mai in Höhe von 2.200,00 € brutto abzüglich 926,70 € netto Arbeitslosengeld nebst Zinsen zu.
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Hiergegen wendet sich der Beklagte mit der Berufung. Er vertritt die Ansicht, das Verfahren sei auszusetzen, da durch die verwaltungsgerichtliche Klage mit einer rückwirkenden Zustimmung zur Kündigung zu rechnen sei. In diesem Fall sei über die Kündigungsgründe materiell zu befinden. Auch sei die deutsche Regelung zum Mutterschutz europarechtswidrig, weil sie über die Bestimmung des Artikels 10 der Mutterschutzrichtlinie 92/85 EWG hinausgehe und den Mutterschutz erweitere. Der Erlaubnisvorbehalt zur Kündigung belaste Arbeitgeber in verfassungswidriger Weise.
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Der Beklagte beantragt,
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das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 26.07.2011 – Az. 11 Ca 1053/11 – abzuändern und die Klage abzuweisen.
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Die Klägerin beantragt,
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die Berufung zurückzuweisen.
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Sie bestreitet die vom Beklagten vorgebrachten materiellen Kündigungsgründe und verweist darauf, dass die gesetzliche Regelung eine Zustimmung zur bereits ausgesprochenen Kündigung nicht vorsieht. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird gemäß § 313 ZPO auf den Akteninhalt Bezug genommen.
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E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
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Die fristgerechte und im Übrigen zulässige Berufung des Beklagten ist nicht begründet.
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Zutreffend hat das Arbeitsgericht festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht beendet wurde, da vor Ausspruch der Kündigung die Zustimmung der Bezirksregierung K nicht vorlag.
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Gemäß § 9 Abs. 1 und 3 MuSchG muss die Zustimmung zur Kündigung vor Ausspruch der Kündigung vorliegen. Eine rückwirkende Zustimmung ist im Gesetz, das den umfassenden Schutz der Schwangeren bezweckt, nicht vorgesehen. Dabei durfte der deutsche Gesetzgeber, um den im Grundgesetz vorgesehenen Schutz der Mutterschaft zu verwirklichen, auch über diejenigen Regelungen hinausgehen, die in europäischen Richtlinien verankert sind. Eine Besserstellung von Schwangeren ist nicht gesetzlich verboten. Zweifel daran, dass der Gesetzgeber seinen Ermessensspielraum bei der Gewichtung der konkurrierenden Grundrechte überschritten hat, ergeben sich für die erkennende Kammer nicht.
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Auf die Frage, ob die behaupteten Kündigungsgründe bewiesen werden können und ob die gegebenenfalls bewiesenen Kündigungsgründe überhaupt ausreichend sind, die Kündigung zu rechtfertigen, kommt es deshalb vorliegend nicht an.
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Aus der Unwirksamkeit der Kündigungen ergibt sich die Begründetheit der zugesprochenen Zahlungsansprüche.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
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Die Revision wurde mangels allgemeiner Bedeutung des Rechtsstreits nicht zugelassen.
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Olesch Trimborn U. Müller