Kleinbetrieb – 10-Mitarbeiter-Grenze – Leiharbeitnehmer
Landesarbeitsgericht Nürnberg, Urteil vom 27.07.2011, 4 Sa 713/10
Tenor
- Auf die Berufung des Klägers wird das Endurteil des Arbeitsgerichts Nürnberg vom 24.08.2010, Az.: 14 Ca 9688/09, teilweise abgeändert.
- Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger weitere EUR 1.107,48 (in Worten: Euro eintausendeinhundertsieben 48/100) brutto als Urlaubsabgeltung zu bezahlen und Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 01.01.2010.
- Im Übrigen werden die Klage abgewiesen und die Berufung des Klägers zurückgewiesen.
- Von den Kosten des Rechtsstreits erster Instanz tragen der Kläger 16/19 und die Beklagte 3/19 und von den Kosten der Berufung der Kläger 13/15 und die Beklagte 2/15.
- Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Rechtswirksamkeit einer ordentlichen Arbeitgeberkündigung, Vergütungsansprüche des Klägers, die Abgeltung restlichen Urlaubs und die tatsächliche Weiterbeschäftigung..
Der am … geborene Kläger ist bei der Beklagten auf der Grundlage eines schriftlichen Arbeitsvertrages (Kopie Bl. 178-183 d.A.) ab dem 26.07.2007 als Hilfskraft beschäftigt und bezog zuletzt eine durchschnittliche Bruttomonatsvergütung in Höhe von EUR 1.700,–.
Die Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 24.11.2009 (Kopie Bl. 4 d.A.). ordentlich zum 31.12.2009.
Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner am 11.12.2009 zum Arbeitsgericht Nürnberg erhobenen Klage.
Im Wege der Klageerweiterung begehrt der Kläger seine tatsächliche Weiterbeschäftigung, restliche Vergütung für die Monate August bis Dezember 2009, das Weihnachtsgeld für das Jahr 2009, die Abgeltung von 13,5 Urlaubstagen und Annahmeverzugslohn für die Monate Januar 2010 bis Mai 2010 abzüglich bezogener Leistungen Dritter.
Wegen der Anträge der Parteien und ihres näheren Vorbringens im erstinstanzlichen Verfahren wird auf den Tatbestand der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen.
Das Arbeitsgericht Nürnberg hat dem Kläger mit Endurteil vom 24.08.2010 eine restliche Vergütung für die Monate November und Dezember 2009 sowie das restliche Weihnachtsgeld für das Jahr 2009 zugesprochen und im Übrigen die Klage abgewiesen.
Gegen das dem Prozessbevollmächtigten des Klägers am 26.08.2010 zugestellte Urteil hat dieser mit Telefax vom 27.09.2010 (Montag) Berufung eingelegt und sie innerhalb der bis 26.11.2010 verlängerten Begründungsfrist mit Telefax von diesem Tag begründet.
Der Kläger behauptet, auf den Betrieb der Beklagten finde das Kündigungsschutzgesetz Anwendung, denn es würden dort mehr als 10 Arbeitnehmer beschäftigt.
Da die Beklagte in ihrem Lohnjournal selbst von der Existenz 10 eigener Arbeitnehmer ausgehe, führe bereits die fehlende Berücksichtigung des Mitarbeiters S… bei dem es sich um keinen Leiharbeitnehmer handele, zur Anwendbarkeit des Kündigungsschutzgesetzes. Gleiches gelte in Bezug auf die weitere Mitarbeiterin „D…
Des Weiteren seien auch die von der Beklagten eingesetzten Leiharbeitnehmer zu berücksichtigen. Diese würden nämlich wie eigene Arbeitnehmer im Betrieb eingesetzt und seien deshalb im Rahmen des § 23 KSchG bei der Ermittlung der Beschäftigtenzahl zu berücksichtigten.
Im Übrigen sei die Kündigung auch gemäß §§ 242, 134, 138 BGB rechtsunwirksam. Wegen der Unwirksamkeit der Kündigung sei die Beklagte zu seiner tatsächlichen Weiterbeschäftigung und die Zahlung des eingeklagten Annahmeverzugslohns verpflichtet. Entgegen der Rechtsansicht des Erstgerichts sei die Beklagte zur Abgeltung der noch offenen 13,5 Urlaubstage verpflichtet, denn wegen seiner Erkrankung im Zeitraum vom 30.11. bis 31.12.2009 sei der Urlaubsanspruch nicht zum Jahresende verfallen.
Der Kläger und Berufungskläger beantragt:
1. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Nürnberg vom 24.08.2010, Az.: 14 Ca 9688/09 abgeändert.
a. Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 24.11.2009 nicht aufgelöst wurde, sondern über den Ablauf der Kündigungsfrist hinaus unverändert fortbesteht.
b. Für den Fall des Obsiegens im Hinblick auf den Klageantrag zu Ziffer 1.a) wird die Beklagte verurteilt, den Kläger zu unveränderten Arbeitsbedingungen über den Ablauf der Kündigungsfrist hinaus bis zur rechtskräftigen Entscheidung als gewerblichen Arbeitnehmer weiterzubeschäftigen.
c. Die Beklagte wird für den Fall des Unterliegens mit dem Antrag zu Ziffer 1.a) verurteilt, an den Kläger € 1.107,48 brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.01.2010 zu zahlen.
d. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger weitere € 1.765,85 brutto nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 01.02.2010, abzüglich bereits erhaltenen Arbeitslosengeldes in Höhe von € 705,30 zu bezahlen.
e. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger weitere € 1.765,85 brutto nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 01.03.2010, abzüglich bereits erhaltenen Arbeitslosengeldes in Höhe von € 705,30 zu bezahlen.
f. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger weitere € 1.765,85 brutto nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 01.04.2010, abzüglich bereits erhaltenen Arbeitslosengeldes in Höhe von € 705,30 und Überbrückungsgeldes in Höhe von € 1.010,70 zu bezahlen.
g. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger weitere € 1.765,85 brutto nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 01.05.2010, abzüglich Überbrückungsgeld in Höhe von € 1.10,70 zu bezahlen.
h. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger weitere € 1.765,85 brutto nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 01.06.2010, abzüglich Überbrückungsgeld in Höhe von € 1.010,70 zu bezahlen.
2. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Die Beklagte und Berufungsbeklagte beantragt:
Die Berufung wird zurückgewiesen.
Zur Begründung trägt sie vor, der Fahrer S… sei nicht bei ihr beschäftigt, sondern bei der Firma seiner Ehefrau, die als Subunternehmerin für die Beklagte Transportleistungen erbringe. Bei der vom Kläger benannten Mitarbeiterin „D… handele es sich um eine Leiharbeitnehmerin. Entgegen der Rechtsansicht des Klägers seien die bei ihr tätigen Leiharbeitnehmer nicht bei der Berechnung des Schwellenwertes des § 23 Abs. 1 KSchG mitzuzählen.
Die vom Kläger angegriffene Kündigung sei nicht aus sonstigen Gründen, insbesondere nicht wegen eines behaupteten Verstoßes gegen das Maßregelungsverbot, rechtsunwirksam. Hierfür habe der Kläger auch in dem Berufungsverfahren keinen ausreichenden Sachvortrag geleistet.
Soweit sich der Kläger erstmals in der Berufungsinstanz auf den fehlenden Verfall seiner Urlaubsansprüche wegen Krankheit berufe, sei dieser Sachvortrag verspätet.
Hinsichtlich weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt der im Berufungsverfahren gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
Von einer weitergehenden Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG abgesehen.
Gründe
I.
Die Berufung ist zulässig.
Sie ist statthaft, § 64 Abs. 1, Abs. 2b ArbGG, und auch in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet worden, §§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG, 519, 520 ZPO.
II.
Die Berufung ist nur zum Teil sachlich begründet.
Die Entscheidung des Erstgerichts ist abzuändern und der Klage stattzugeben, soweit der Kläger die Abgeltung restlicher 13,5 Urlaubstage zuzüglich von Zinsen begehrt.
Im Übrigen ist die Berufung des Klägers zurückzuweisen, da die Kündigung der Beklagten das Arbeitsverhältnis rechtswirksam zum 31.12.2009 beendet hat und dem Kläger für die Folgezeit keine arbeitsvertraglichen Ansprüche mehr zustehen.
1. Die Kündigung der Beklagten vom 24.11.2009 hat das Arbeitsverhältnis des Klägers rechtswirksam zum 31.12.2009 beendet, denn sie bedurfte keiner sozialen Rechtfertigung und ist auch nicht aus anderen Gründen rechtsunwirksam.
a) Die Kündigung der Beklagten bedurfte keiner sozialen Rechtfertigung gemäß § 1 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 KSchG, denn die Vorschriften des ersten Teils des Kündigungsschutzgesetzes finden auf das Arbeitsverhältnis der Parteien gemäß § 23 Abs. 1 Satz 3 KSchG keine Anwendung, da in dem Betrieb der Beklagten nicht mehr als 10 Arbeitnehmer beschäftigt werden.
Dem Kläger ist insoweit der Nachweis nicht gelungen, in dem Betrieb der Beklagten würden über die von ihr selbst angegebenen 10 eigenen Arbeitnehmer weitere bei der Ermittlung der Belegschaftsgröße nach § 23 Abs. 1 Satz 2 und 3 KSchG zu berücksichtigende Arbeitnehmer beschäftigt.
aa) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zu § 23 Abs. 1 Satz 2 und 3 KSchG (Urteil vom 23.10.2008 – 2 AZR 131/07 – AP Nr. 43 zu § 23 KSchG 1969; vom 26.06.2008 – 2 AZR 264/07 – EzA Nr. 32 zu § 23 KSchG; vom 09.09.1982 – 2 AZR 253/80 – BAGE 40, 145, 156; jeweils m.w.N.) trägt der Arbeitnehmer die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen der in § 23 abs. 1 KSchG geregelten betrieblichen Geltungsvoraussetzungen des Kündigungsschutzgesetzes § 23 KSchG beschreibt nämlich eine Anspruchsvoraussetzung, denn der Arbeitnehmer kann nur bei Überschreitung des Schwellenwerts die fehlende soziale Rechtfertigung der Kündigung geltend machen.
Etwaigen Beweisschwierigkeiten des Arbeitnehmers ist nach den Grundsätzen der abgestuften Darlegungs- und Beweislast Rechnung zu tragen. Es ist darauf zu achten, dass an die Erfüllung der Darlegungslast durch den Arbeitnehmer keine zu hohen Anforderungen gestellt werden dürften. Insbesondere muss sich der Stellenwert der Grundrechte in der Darlegungs- und Beweislastverteilung widerspiegeln. Dies gilt um so mehr, als der Arbeitgeber aufgrund seiner Sachnähe ohne weiteres substantiierte Angaben zum Umfang und zur Struktur der Mitarbeiterschaft und der mit ihnen getroffenen vertraglichen Vereinbarungen machen kann. Dementsprechend dürften vom Arbeitnehmer keine Darlegungen verlangt werden, die er mangels eigener Kenntnismöglichkeit nicht erbringen kann.
Der Arbeitnehmer genügt deshalb regelmäßig seiner Darlegungslast, wenn er – entsprechend seiner Kenntnismöglichkeiten – die für eine entsprechende Arbeitnehmerzahl sprechenden Tatsachen und die ihm bekannten äußeren Umstände schlüssig darlegt.
Der Arbeitgeber muss dann nach § 138 Abs. 2 ZPO im Einzelnen erklären, welche rechtserheblichen Umstände gegen die Darlegungen des Arbeitnehmers sprechen.
Mit den vorgetragenen Tatsachen der Arbeitgeberin muss sich dann der Arbeitnehmer hinreichend konkret auseinandersetzen (vgl. BAG vom 23.10.2008 und 26.06.2008, a.a.O.).
ab) Dieser ihn treffenden Darlegungs- und Beweislast ist der Kläger in Bezug auf die von ihm im Berufungsverfahren namentlich benannten weiteren Mitarbeiter des Betriebes „Herr S…“ und „D…“ nicht nachgekommen.
Die Beklagte ist nämlich der Behauptung des Klägers, es würde sich bei beiden um Arbeitnehmer der Firma handeln, mit konkreten Gegentatsachen entgegengetreten. Die Beklagte hat unter Vorlage eines schriftlichen Rahmenvertrages (vgl. Kopie Bl. 327 d.A.) mit der Firma T…, Inhaberin S… dargelegt, dass es sich bei dem als Fahrer eingesetzten Herrn S… um einen Mitarbeiter dieser Firma handelt, die als Subunternehmerin für sie tätig werde. In Bezug auf die Mitarbeiterin „D…“ hat die Beklagte sich darauf berufen, mit ihr keinen Arbeitsvertrag abgeschlossen zu haben, sondern sie als Leiharbeitnehmerin einzusetzen. Der Kläger ist den konkreten Darlegungen der Beklagten nicht mehr mit konkretem Sachvortrag entgegengetreten, sondern hat ausdrücklich in der mündlichen Verhandlung vom 27.07.2011 zu Protokoll gegeben, den Sachvortrag der Beklagten in Bezug auf diese beiden Mitarbeiter nicht widerlegen zu können.
Insoweit ist von ihm der Nachweis nicht erbracht worden, bei diesen beiden Mitarbeitern handele es sich um Arbeitnehmer der Beklagten, die im Rahmen des § 23 Abs. 1 Satz 3 KSchG zu berücksichtigen wären.
ac) Die im Betrieb der Beklagten eingesetzten Leiharbeitnehmer sind bei der Ermittlung der Beschäftigtenzahl im Rahmen des § 23 Abs. 1 Satz 3 KSchG nicht zu berücksichtigen.
Nach ganz herrschender Meinung (vgl. KR-Weigand, 9. Aufl., § 23 KSchG Rz. 41, EK-Kiel, 10. Aufl., § 23 KSchG Rz. 19; jeweils m.w.N.; LAG Berlin vom 30.01.2001 – 3 Sa 2125/00 – zitiert in juris) zählen zur regelmäßigen Beschäftigtenzahl nur solche Arbeitnehmer, die in einem Arbeitsverhältnis zum Inhaber des Betriebes stehen und werden im Entleiherbetrieb eingesetzte Leiharbeitnehmer nicht berücksichtigt. Hiervon abzuweichen sieht das Berufungsgericht ebenso wie bereits das Erstgericht keine Veranlassung, denn der Gesetzgeber hat in Kenntnis dieser herrschenden Meinung in Literatur und Rechtsprechung keine Veranlassung gesehen, bei den zuletzt stattgefundenen Novellierungen des § 23 Abs. 1 KSchG diesbezüglich eine abweichende Regelung in das Gesetz aufzunehmen. Hieraus wird ersichtlich, dass auch der Kleinbetrieb privilegiert werden soll, der neben eigenen Arbeitnehmern Leiharbeitnehmer in seinem Betrieb einsetzt. Anders als im Bereich des Betriebsverfassungsgesetzes, wo durch die Neuregelung des § 7 Satz 2 durch das BetrVG-Reformgesetz vom 23.07.2001 eine Sonderregelung getroffen worden ist, die auch Leiharbeitnehmer erfasst, sah der Gesetzgeber keine Veranlassung, auch in Bezug auf den durch § 23 Abs. 1 Satz 2 und 3 KSchG privilegierten Kleinbetrieb eine Sonderregelung für die im Betrieb eingesetzten Leiharbeitnehmer zu treffen.
Selbst im Betriebsverfassungsgesetz sind Leiharbeitnehmer bei der Ermittlung der Belegschaftsgröße in § 9 BetrVG nicht zu berücksichtigen (vgl. Richardi-Thüsing, 10. Aufl., § 9 Rz. 7, m.w.N.).
Hieraus wird der Wille des Gesetzgebers ersichtlich, bei der Ermittlung der Belegschaftsstärke eines Betriebes die im Rahmen einer Arbeitnehmerüberlassung eingesetzten Leiharbeitnehmer unberücksichtigt zu lassen.
b) Die Kündigung der Beklagten ist auch nicht aus sonstigen Gründen gemäß § 13 Abs. 2, Abs. 3 KSchG rechtsunwirksam.
Auf die diesbezüglichen Ausführungen im Ersturteil darf verwiesen und von einer rein wiederholenden Darstellung abgesehen werden.
Trotz des Hinweises im Ersturteil wurden auch in der Berufungsbegründung keine weiteren Tatsachen für eine behauptete Maßregelung gemäß § 612a BGB vorgetragen, die geeignet wären, Gegenstand einer Beweisaufnahme zu sein.
2. Wegen der rechtswirksamen Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 31.12.2009 stehen dem Kläger die geltend gemachten Ansprüche auf tatsächliche Weiterbeschäftigung und Zahlung der Vergütung für die Monate Januar bis Mai 2010 nicht zu. Diese setzen nämlich das Bestehen eines wirksamen Arbeitsverhältnisses voraus.
3. Dem Kläger sind zuzüglich von Zinsen die noch nicht verbrauchten 13,5 Urlaubstage abzugelten, § 7 Abs. 4 BUrlG.
Dem Kläger standen unstreitig aus dem Jahr 2009 noch 13,5 Urlaubstage zu, die er bis 31.12.2009 nicht in Natur eingebracht hatte.
Dieser restliche Urlaubsanspruch ist nicht gemäß § 7 Abs. 3 Satz 1 BUrlG zum 31.12.2009 verfallen, denn es lag ein ausreichender in der Person des Klägers liegender Grund für eine Übertragung des Urlaubs vor, § 7 Abs. 3 Satz 2 BUrlG. Der Kläger hat nämlich durch die Vorlage der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen vom 30.11.2009 und 14.12.2009 (Kopien Bl. 298, 299 d.A.) den Nachweis erbracht, in der Zeit vom 30.11.2009 bis 31.12.2009 arbeitsunfähig erkrankt gewesen zu sein und deshalb seinen Urlaub nicht in Natur hat nehmen zu können. Aus dem Umstand, dass die Beklagte dem Kläger für den Monat Dezember 2009 184 Stunden abgerechnet und ausbezahlt hat (vgl. Vergütungsabrechnung, Bl. 119 d.A.), wird ersichtlich, dass der Kläger der Beklagten seine Arbeitsunfähigkeit für diesen Zeitraum ausreichend nachgewiesen hatte. Insoweit war bereits zum damaligen Zeitpunkt für die Beklagte erkennbar, dass ein Übertragungsgrund Vorgelegen hat. In ihrer Klageerwiderung vom 11.03.2010 stellte sie selbst unter Ziffer II 4 die Abrechnung und Auszahlung des noch offenen Urlaubs für den Fall in Aussicht, dass der Kläger die Wirksamkeit der Kündigung anerkenne.
Mit seiner Klageerweiterung vom 25.02.2010 nach vorausgehender Geltendmachung mit Schreiben vom 29.01.2010 hat der Kläger den Abgeltungsanspruch noch innerhalb des Übertragungszeitraums und innerhalb der auf sein Arbeitsverhältnis zur Anwendung gelangenden tarifvertraglichen Ausschlussfrist von zwei Monaten rechtzeitig geltend gemacht. Insoweit beruft sich die Beklagte in dem erstinstanzlichen Verfahren zu Unrecht auf einen Verfall der Urlaubsansprüche bzw. des Abgeltungsanspruches.
Selbst wenn der Kläger den Übertragungsgrund der Erkrankung hätte bereits im erstinstanzlichen Verfahren substantiiert vortragen und unter Beweis stellen müssen, wäre sein diesbezüglicher Sachvortrag und Beweisantritt noch zuzulassen, vgl. § 67 Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 ArbGG, da hierdurch die Erledigung des Rechtsstreits nicht verzögert wird. Von der Beklagten wird kein geeigneter Sachvortrag geleistet, der geeignet wäre, den Beweiswert der vorgelegten Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen zu erschüttern. Sie hat vielmehr in der Vergangenheit die Entgeltfortzahlung für den Monat Dezember 2009 geleistet.
Der Kläger hat damit vor Schluss der mündlichen Verhandlung in der Berufungsinstanz den Nachweis erbracht, wegen seiner Arbeitsunfähigkeit im Monat Dezember 2009 den Resturlaub nicht habe einbringen zu können.
Die Beklagte wendet sich weder gegen die Berechnung der Abgeltungsforderung noch gegen die geltend gemachte Verzinsung, weshalb diesbezüglich ein Verweis auf die gesetzlichen Bestimmungen der §§ 11 Abs. 2 Satz 1 BUrlG, 286 Abs. 2 Ziffer 1, 288 Abs. 1 BGB genügt.
III.
1. Die Kosten des Rechtsstreits erster und zweiter Instanz sind gemäß § 92 Abs. 1 Satz 1 ZPO im Verhältnis des jeweiligen Obsiegens und Unterliegens zu quoteln.
2. Für die Zulassung der Revision besteht kein gesetzlich begründeter Anlass, § 72 Abs. 1 und 2 ArbGG.
Roth Bengel Pelikan
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Vorinstanz:
Arbeitsgerichts Nürnberg vom 24.08.2010, Az.: 14 Ca 9688/09
nachfolgende Instanz:
Bundesarbeitsgericht, 2 AZR 140/12